Klatsche für Giffey: Eigener Kreisverband stimmt gegen ihren Koalitionsplan

2023-03-08 14:41:52 By : Ms. Jannat Mia

Von: Nadja Austel, Andreas Schmid, Christian Stör

Die SPD trifft in Berlin eine Entscheidung: Giffey verzichtet auf ihr Amt und wählt die CDU als Koalitionspartner. In der Partei regt sich Widerstand.

Update vom 5. März, 11:55 Uhr: Berlins SPD-Landeschefin und Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey macht sich für eine Koalition mit der CDU stark, aber ihr eigener Kreisverband in Neukölln ist dagegen. So hat die Neuköllner SPD einen Antrag der Jusos beschlossen und die geplante schwarz-rote Koalition abgelehnt. Das teilte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bezirksparlament, Marco Preuß, auf Twitter mit. Pikant: Giffey ist Kreisvorsitzende.

Doch laut dem Neuköllner SPD-Bundestagsabgeordnete Hakan Demir gab es auf der Kreisdelegiertenversammlung nach einer intensiven Diskussion eine knappe Mehrheit von 48 zu 45 Stimmen gegen eine Zusammenarbeit mit der CDU. Wie der Tagesspiegel berichtete, soll sich Giffey mehrfach in die Debatte eingeschaltet haben – jedoch ohne Erfolg.

Die Berliner SPD will ihre Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen lassen. Der Landesvorstand hatte sich am Mittwoch mit einer Zweidrittelmehrheit für Koalitionsverhandlungen mit der CDU ausgesprochen. Doch die Jusos hatten umgehend eine Kampagne dagegen angekündigt.

Update vom 2. März, 13.30 Uhr: Nach dem Schwenk der Berliner SPD hin zu einer möglichen Koalition mit der CDU steht Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) unter Rechtfertigungsdruck. In mehreren Interviews verteidigte sie die Entscheidung des SPD-Landesvorstandes. Zudem erläuterte sie in sieben Tweets noch einmal ihre Gründe, dem Bündnis als kleiner Partner der CDU den Vorzug zu geben. So schrieb sie unter anderem, dass sie dies „für Berlin“ mache – „aus Verantwortung für unsere Stadt“. Der SPD sei es gelungen, mit der CDU eine Basis für eine gute Zusammenarbeit in den kommenden drei Jahren zu finden, die Berlin in den entscheidenden Bereichen voranbringen werde.

Die Jugendorganisation der Sozialdemokraten äußerte hingegen scharfe Kritik und will das Bündnis über den anstehenden Mitgliederentscheid noch stoppen. „Was jetzt folgen wird und muss, ist die größte parteiinterne Kampagne, die die SPD Berlin je gesehen hat“, schrieben die Jusos Berlin bei Twitter. „Wir haben im SPD-Vorstand unsere Haltung klargemacht, leider ohne Erfolg.“ Eine Koalition mit der CDU hielten die Jusos nach wie vor für einen großen Fehler.

Linke Co-Chefin Janine Wissler sprach derweil von einer „fatalen Entscheidung“ der SPD. „Wie soll man denn mit der CDU in Berlin bezahlbare Mieten oder die Verkehrswende durchsetzen? Die CDU hat im Wahlkampf deutlich gemacht, dass sie genau dafür nicht steht“, sagte Wissler dem Radiosender SWR Aktuell.

Update vom 2. März, 10.00 Uhr: Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat den überraschenden Schwenk ihrer Partei zu einer möglichen Koalition mit der CDU verteidigt. Auch die Grünen hätten der SPD ein klareres Signal geben können, reagierte Giffey im Deutschlandfunk auf die Kritik der bisherigen Koalitionspartnerin. Man habe aber von den Grünen „eher Signale bekommen, dass Ziele, die uns wichtig waren, relativiert werden“. Zudem sei von den Grünen signalisiert worden, dass es ein sehr veritables Interesse gebe, mit der CDU in ein Bündnis zu gehen.

Zudem habe es in den Sondierungsgesprächen mehr Schnittmengen mit der CDU als mit den bisherigen Partnern Grüne und Linke gegeben. Giffey räumte ein, dass es innerhalb der SPD „viel Skepsis“ gegenüber einer Koalition mit der größeren CDU gebe. „Das muss man ernst nehmen.“

Die Berliner CDU-Spitze trifft sich am Donnerstagnachmittag um 17.30 Uhr zu einer Sondersitzung. Dabei sollen noch einmal die Ergebnisse der jeweils drei Sondierungstreffen mit SPD und Grünen diskutiert werden. Anschließend will der Landesvorsitzende und Spitzenkandidat Wegner das Ergebnis vorstellen.

Update vom 1. März, 22.40 Uhr: Die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch kritisierte ein mögliches Zweierbündnis aus SPD und CDU als „Rückschrittskoalition“. Unumstritten scheint ein schwarz-rotes Bündnis weder in der SPD noch in der CDU zu sein. Bei den Sozialdemokraten gibt es laut aktuellen Informationen der dpa ebenfalls viele Anhänger der rot-grün-roten Variante. „Wir werden uns jeder Bestrebung, eine Koalition mit der CDU zu bilden, entgegenstellen“, sagte die Juso-Landesvorsitzende Sinem Tasan-Funke. Der Parteivorstand folge indes mehrheitlich der Linie von Giffey.

Aus Berliner CDU-Kreisen wiederum hieß es, im Landesvorstand gebe es durchaus unterschiedliche Einschätzungen zu den Koalitionsoptionen. Nicht alle seien überzeugt, dass die SPD tatsächlich der bessere Partner sei. Es gebe auch Stimmen, die sich für ein Bündnis mit den Grünen äußerten.

Update vom 1. März, 21.50 Uhr: Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kann sich vorstellen, in einer möglichen schwarz-roten Landesregierung als Senatorin weiterzumachen: „Ja, ich bin bereit, auch als Senatorin meinen Beitrag dazu zu leisten, dass gute Regierungsarbeit gelingt“, sagte Giffey am heutigen Mittwoch nach einer Sitzung des SPD-Landesvorstands. „Ich mache das für Berlin, ich mache das für die SPD“, fügte sie hinzu.

Das SPD-Gremium beschloss mit Mehrheit, mit dem Wahlsieger CDU Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Nach dem Abschluss plant die SPD eine Mitgliederbefragung dazu, wie Giffey weiter mitteilte. Die Berliner SPD habe sich „aus Respekt vor dem Wahlergebnis“ für die CDU als möglichen Koalitionspartner entschieden. Die bisherige Koalition der Partei mit Grünen und Linken habe bei der Wiederholungswahl um die 250.000 Stimmen verloren, sagte Giffey weiter. „Wir tun das aus Verantwortung für Berlin“, so Giffey zum Vorgehen der SPD. Es bestehe die Hoffnung auf einen wirklichen Neubeginn.

Update vom 1. März, 20.50 Uhr: Jetzt ist es offiziell! Die SPD in Berlin will Koalitionsverhandlungen mit dem Wahlsieger CDU aufnehmen. Das teilte Vorstandsmitglied Kevin Hönicke am Mittwochabend bei Twitter mit. Auch CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner schlägt laut Parteikreisen ein Bündnis mit der SPD vor, der CDU-Landesvorstand will am Donnerstag darüber entscheiden.

Update vom 1. März, 19.40 Uhr: In Berlin hat sich die SPD-Sondierungskommission nun für Koalitionsverhandlungen mit der CDU ausgesprochen. Diese Empfehlung teilte das Gremium dem Landesvorstand der Partei in einem Bericht mit, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Die Gründe gegen eine Fortsetzung des Bündnisses Rot-Rot-Grün heißt es in dem SPD-Papier demnach, die Grünen hätten in „nahezu allen“ politischen Bereichen „erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihrer Verabredungsfähigkeit“ aufkommen lassen. Es habe „ständige Relativierungen“ seitens der Grünen gegeben.

Die Linke ihrerseits besitze zwar Verabredungsfähigkeit, stehe jedoch vor einer „Zerreißprobe, deren Ausgang aktuell ungewiss erscheint“. Mit der CDU jedoch habe man „in allen Bereichen große Schnittmengen festgestellt“. Aus diesem Grund empfehle die Sondierungskommission „die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU Berlin“.

Update vom 1. März, 17.50 Uhr: Der Berliner Wahlsieger CDU strebt laut Parteikreisen ein Regierungsbündnis mit der SPD an. CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner wolle dem Landesvorstand vorschlagen, mit den Sozialdemokraten Koalitionsverhandlungen aufzunehmen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Mittwoch. Zuvor hatte die Berliner Morgenpost berichtet.

Der CDU-Vorstand kommt am morgigen Donnerstag zusammen, um darüber zu entscheiden. Ein Parteisprecher sagte, er kommentiere den Vorgang nicht. Der Landesvorstand der Berliner SPD berät laut dpa seit dem Nachmittag über die Frage, mit wem die Partei Koalitionsverhandlungen aufnehmen soll. 

Update vom 1. März, 17.05 Uhr: Die Zeichen in Berlin stehen auf ein Bündnis von SPD und CDU. Die Christdemokraten von Spitzenkandidat Kai Wegner wollen nach Informationen des Spiegels mit den Sozialdemokraten regieren. Die Grünen wären damit in der Opposition.

Update vom 1. März, 16.45 Uhr: Überraschung rund zweieinhalb Wochen nach Berlin-Wahl: Die SPD-Landesspitze tendiert zu Koalitionsverhandlungen mit dem Wahlsieger CDU. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey favorisiert diese Junior-Rolle und würde dafür ihr Amt an der Regierungsspitze aufgeben. Ob der Landesvorstand bei seiner Sondersitzung (16.30 Uhr) mitmacht, ist aber offen. Und die CDU als stärkste Kraft muss sich erst noch festlegen. Möglich sind auch eine schwarz-grüne Zweierkoalition - oder die Fortsetzung des bei der Wahl abgestraften bisherigen Dreierbündnisses von SPD, Grünen und Linken.

Update vom 1. März, 15.30 Uhr: Die Jugendorganisation der Berliner SPD lehnt eine Koalition mit der CDU strikt ab. „Wir Jusos sind enttäuscht von dem sich abzeichnenden Sondierungsergebnis. Wir werden uns jeder Bestrebung, eine Koalition mit der CDU zu bilden, entgegenstellen“, sagte die Berliner Co-Vorsitzende Sinem Taşan-Funke der Deutschen Presse-Agentur. „Die CDU passt nicht zu Berlin und nicht zur SPD. Wer gegen migrantisierte Gruppen hetzt, gegen bezahlbaren Wohnraum ist und die Verkehrswende belächelt, disqualifiziert sich als Koalitionspartner für die Sozialdemokratie“, so Taşan-Funke.

Update vom 1. März, 14.00 Uhr: Die frühere SPD-Staatssekretärin Sawsan Chebli sieht nach der Berlin-Wahl eine mögliche Koalition ihrer Partei mit der CDU skeptisch. „Frage mich, wie es in der Migrationsfrage einen gemeinsamen Nenner zwischen SPD & CDU geben kann“, twitterte die Sozialdemokratin. Die Berliner CDU habe nach den Silvester-Krawallen nach den Vornamen der Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit gefragt und damit gezeigt, dass es für sie echte und nicht echte Deutsche gebe, kritisierte Chebli.

„Vielleicht haben Kai Wegner und seine Leute ja in den letzten Wochen gelernt und vor allem eingesehen, dass auch im Wahlkampf darauf zu achten ist, was man wie sagt.“ Denn das Gesagte habe Auswirkungen auf Millionen von Menschen. Sie sei keine Gegnerin Großer Koalitionen und auch nicht der CDU. Aber die Berliner CDU sei eben keine Daniel-Günther- oder Merkel-CDU.

Update vom 1. März, 12.20 Uhr: Die Sondierungen in Berlin sind beendet, nun geht es ans Eingemachte. Doch welche Koalition ist möglich? Im Gespräch sind Schwarz-Rot, Schwarz-Grün und die Fortsetzung der jetzigen Regierungskoalition Rot-Grün-Rot. Die Regierende Bürgermeisterin ist jedenfalls schon mal vorgeprescht. Franziska Giffey will dem Landesvorstand offenbar noch heute vorschlagen, Verhandlungen mit der CDU zu beginnen.

Nach Einschätzung der Politologin Julia Reuschenbach ist das durchaus riskant. Giffey habe bei der Abgeordnetenhauswahl 2021 ihre damalige Wunschkoalition nicht durchsetzen können, sagte Reuschenbach im RBB-Inforadio. „Insofern ist es schon erneut ein Risiko, mit diesem im Grunde eher konservativeren Vorschlag für die Koalition ins Gespräch zu gehen“, so die Politikwissenschaftlerin von der Freien Universität Berlin. Zudem sei noch gar nicht sicher, ob die Partei zustimmen werde. „Aber es wirft kein gutes Licht auf die Frage, inwiefern SPD und Grüne und auch die Linke weiterhin konstruktiv vertrauensvoll miteinander arbeiten können.“

Erstmeldung vom Mittwoch, 1. März, 11.13 Uhr: Berlin - Wer wird künftig die Hauptstadt regieren? Etwas mehr als zwei Wochen nach der Berlin-Wahl 2023 könnte es nun bald eine Antwort auf diese Frage geben. Nach dem Ende der Sondierungsgespräche zwischen den Parteien dürften noch an diesem Mittwoch (1. März) die ersten Weichen gestellt werden. Der SPD-Landesvorstand berät bei einer Sondersitzung (16.30 Uhr) darüber, mit welcher Partei die Sozialdemokraten in Koalitionsverhandlungen treten wollen.

Hier kommen zwei Möglichkeiten infrage. Denkbar ist zum einen eine Fortsetzung des seit 2016 regierenden Bündnisses mit Grünen und Linken. Nur in dieser rot-grün-roten Koalition könnte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey im Amt bleiben. Doch Giffey bevorzugt offenbar eine andere Variante. Nach übereinstimmenden Medienberichten strebt die SPD-Landesvorsitzende eine Koalition mit der CDU an.

Die Deutsche Presse-Agentur erfuhr aus SPD-Kreisen, dass die Tendenz in Richtung Schwarz-Rot gehe. Fix sei die Entscheidung aber noch nicht. Dem Vernehmen nach tendiert auch die SPD-Fraktion, in der es derzeit gewaltig rumort, in diese Richtung.

Im Fall einer Koalition mit der CDU müsste die SPD-Landesvorsitzende Giffey auf ihr Amt als Regierende Bürgermeisterin im Roten Rathaus verzichten. Neuer Regierungschef würde in einer schwarz-roten Koalition CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner. Als denkbar gilt, dass Giffey dann Senatorin werden könnte. Grüne und Linke, mit denen die SPD seit 2016 regiert hat, fänden sich dann auf der Oppositionsbank wieder.

CDU-Fraktions- und Landeschef Wegner strebt eine Zweierkoalition mit der SPD oder den Grünen an und hat sich noch nicht auf einen Wunschpartner festgelegt. Nach seinen Angaben soll der CDU-Landesvorstand am Donnerstag einberufen werden, um das Thema Koalitionsverhandlungen zu besprechen. Allerdings scheint die CDU augenblicklich die SPD zu favorisieren.

Am späten Dienstagabend endete das dritte und letzte Sondierungsgespräch zwischen CDU und Grünen. Weder CDU-Landeschef Wegner noch die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch ließen nach dem achteinhalbstündigen Treffen allerdings durchblicken, mit wem sie am liebsten Koalitionsverhandlungen beginnen würden.

Wegner, der noch Anfang Februar eine Zusammenarbeit mit den Grünen ausgeschlossen hatte, sprach von sehr lösungsorientierten Gesprächen. Die beiden Sondierungsteams hätten viele Gemeinsamkeiten festgestellt. Jarasch nannte die CDU eine verlässliche und vertrauenswürdige Gesprächspartnerin. „Wir haben sehr intensiv diskutiert, sind durch alle unsere Themen durch, haben viele Lösungen zum Wohl der Stadt gefunden.“ Das gelte auch für die „ganz großen Brocken“.

Zu den Berichten über die SPD-Landesvorstandssitzung sagte Jarasch: „Wir wurden von diesem Schritt der SPD-Spitze überrascht. Es entspricht auch nicht dem Verlauf und den Ergebnissen unserer bisherigen Gespräche mit unseren jetzigen Koalitionspartnern.“

Der Linke-Landesvorstand will dem Landesparteitag derweil die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen empfehlen. Die endgültige Entscheidung treffe der Landesparteitag, der für Freitag geplant ist, teilte die Partei mit. „Sollte sich die SPD tatsächlich in eine Koalition mit der rückwärtsgewandten CDU begeben, droht der Stadt ein sozialer wie gesellschaftlicher Rollback“, sagte die Landesvorsitzende Katina Schubert.

Nach dem am Montag bekanntgegebenen endgültigen Ergebnis der Berlin-Wahl vom 12. Februar liegt die CDU mit 28,2 Prozent klar vorn. SPD und Grüne bekamen je 18,4 Prozent. Die Sozialdemokraten haben nur einen hauchdünnen Vorsprung von 53 Stimmen auf die Grünen. Die Linke kam auf 12,2 Prozent, die AfD auf 9,1. Die FDP flog mit 4,6 Prozent aus dem Parlament, das nun fünf statt bisher sechs Fraktionen hat. (cs/dpa)